1974 bin ich nach Deutschland gekommen. Weil ich 16 wurde, zu meinem Vater. 2 Jahre habe ich mit ihm in einer Wohnung gewohnt. Wohnen müssen. Immerhin konnte er gut kochen, Köfte vor allem. Nach drei Monaten musste ich wieder zurück, dann wieder nach Deutschland für drei Monate. Dann durfte ich bleiben, da mein Vater genug verdiente. Ein Mindestverdienst musste sein und galt als Bedingung dafür, für immer bleiben zu dürfen. Mein Vater war Maler und hat in der Fabrik bei Schmalbach gearbeitet, meine Mutter als Bäckerin hier in der Stadthalle Hannover.

Deutsch habe ich damals in der Volkshochschule gelernt. Mittlerweile geht es ganz gut. Und dann gleich gearbeitet, bei Wabko im Lager, als Lagerist, Waren an die Bänder verteilen zur Montage. Wapko baut Federungs- und Bremssysteme für Nutzfahrzeuge.

Jetzt bin ich endlich Rentner. Und so ein Leben ohne Arbeit und ohne Stress ist nicht schlecht. Ich frühstücke ausführlich mit meiner Frau, bin dann viel unterwegs, treffe Leute hier und dort, da ein Kaffee, hier ein Tee. Abends schaue ich dann fern, politische Debatten gerne, Politthriller auch. Und Fußball. Galatasaray. Ich finde diesen Verein gut, er baut Schulen im Stadtteil und jetzt auch eine richtige Universität.

Ich bin froh, dass ich hier leben kann. Nichts zieht mich in die Türkei zurück, momentan vor allem aus politischen Gründen. Es gibt in Aydin, da wo ich herkommen keine Solidarität mehr. Meine Verwandtschaft dort hat ihre eigenen Probleme. Manchmal bin ich dort einige Zeit, um meine alte Mutter zu unterstützen. Aber manchmal wird es mir auch zu lang dort.

Ich will nicht alt sein, nicht, dass ich meine Kinder um mich kümmern müssen, aber ein Altersheim wäre die Hölle für mich. Ich freue mich nicht drauf, alt zu werden, wirklich nicht.

Ich weiß nicht, was da auf mich zukommt.