Mein einer Opa hieß Hasan. Ich habe ihn nicht mehr kennengelernt und weiß eigentlich wenig über ihn, in der Familie wurde nicht viel über ihn gesprochen. Auch nicht Oma und Mamas Schwestern und Cousinen. Und wenn, sprechen sie so über ihre Männer: schwer von Begriff, linkisch, langsam und ohne Talent. Bekommen ohne ihre Frauen nichts hin.

Naja.

Die Männer dagegen waren reden nicht gewohnt. Als sie noch Jungen waren, hatten sie meist gehört: Du bist ein Mann, ein Mann kümmert sich um die Familie, schützt die Familie, ein Mann redet nicht, schon gar nicht über Probleme.

Naja.

Ich hörte nur mal, dass Opa Hasan bei Familientreffen – und es gab viele Familientreffen in unserer Familie – den Entertainer gegeben haben soll, immer witzig war und unterhaltsam. Der andere Opa hieß Turan. Ihn kenne ich noch weniger, er blieb in der Türkei und ich habe ihn nur als Kind mal im Urlaub dort getroffen.

Ich heiße Rosa, der zweite Name ist Berfin. Rosa wegen Rosa Luxemburg und Berfin für das Kurdische: Schneeflöckchen. Ich bin gut in Sprachen und sprinte über 100 m in 13 Sekunden. Ich bin genervt, wenn mich jemand fragt, wo ich wirklich herkomme. Aber eigentlich bin ich stolz auf meine „Gastarbeiter“-Familie. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die Gastarbeiter:innen mit ihrer harten Arbeit dieses Land zu einem schöneren, besseren Ort machten. Deutschland ist auch ihre Heimat. Sie haben dieses Land mit aufgebaut. Nicht nur mit aufgebaut, auch mit geprägt. Sie haben es herausgefordert, sprachlich, kulturell und menschlich. Das war nicht immer leicht, für beide Seiten nicht, aber es hat beide Seiten vorangebracht.

Als das in Hanau passierte, war ich doch geschockt, waren schließlich ja auch meine Leute. Gökhan, Sedat, Said, Mercedes, Hamza, Vili, Fatih, Ferhat und Kaloyan. Geschockt war ich auch, als meine Mitschüler mich so anschauten: Nimm es nicht so schwer, sagten sie. Habe ich aber doch. Waren schließlich meine Leute. Aber doch auch ihre.