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Dede ile Torun: Grimm Kardesler den bir peri masali
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund.
Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal satt; da sah er betrübt nach dem Tisch und die Augen wurden ihm naß.
Einmal auch konnten seine zittrigen Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen.
Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. "Was machst du da?" fragte der Vater.
"Ich mache ein Tröglein," antwortete das Kind, "daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin."
Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
Der alte Großvater und der Enkel, Ein Märchen der Brüder Grimm
Was zum Teufel ist Wasser?
»Schwimmen zwei junge Fische des Weges und treffen zufällig einen älteren Fisch, der in die Gegenrichtung unterwegs ist. Er nickt ihnen zu und sagt: »Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?« Die zwei jungen Fische schwimmen eine Weile weiter, und schließlich wirft der eine dem anderen einen Blick zu und sagt: »Was zum Teufel ist Wasser?«
David Foster Wallace.
Das Alter als befreiende Phase und das Potenzial neuer Entdeckungen
Cristina Riscalla Madi
Wir leben in einer Kultur, die das Glück und die Jugend verehrt und durch die Abwesenheit von Leid, Krankheit und Schmerz charakterisiert ist - das Älterwerden wird als Lebensphase, die von Verlust und Entbehrung gekennzeichnet ist, angesehen. Eine solche Sichtweise ignoriert aber die positiven Aspekte des Alters, von der Erschließung des Potenzials eines tieferen Lebensverständnisses über die Erfahrung von Geschichten und Werten innerhalb der eigenen Biografie bis hin zu einem Spektrum vergangener und gegenwärtiger Gefühle und Emotionen. Denn positive und negative Erfahrungen sowie gute und schlechte Erinnerungen sind wichtig, um die Welt in ihrer Vielfalt zu begreifen, aber auch um sich aktiv einzubringen und eine bejahende Sicht auf die äußeren Einflüssen zu entwickeln, die auf ein jedes Leben einwirken.
Denn die Gesundheit wird auch vom persönlichen Willen, gut zu leben, und vom individuellen Wohlbefinden beeinflusst. Außerdem vom Festhalten an Wünsche und Träume und der Erkenntnis, dass nicht nur die Gesundheit ein längeres Leben bedingt, sondern vor allem das Versprechen, ein besseres Leben mit mehr Lebensqualität führen zu können als bisher.
Das Älter werden ist keine Strafe für die Art und Weise, wie man sein Leben gelebt hat, sondern Teil eines jeden Lebensweges.
Ältere sollten als aktive Gestalter ihrer Lebensrealität anerkannt und ihre Individualität, ihre Wünsche und ihre Sehnsüchte respektiert werden.
Die urbane Gesellschaft privilegiert Arbeit und Produktion und hat dabei besondere Formen von gesellschaftlichen Beziehungen hervorgebracht, die das Sozialverhalten prägen.
Altern zu können bedeutet auch zu verstehen und einzuschätzen, was am besten für einen ist. Dies stützt sich auf Erfahrungen, Wünsche und den Lebensmut, der in jedem Individuum seit der Kindheit angelegt ist. Die mit dem Alter verbundenen Vorstellungen von Bedürfnissen und Verlust hin zur Hervorhebung des Potenzials und der Möglichkeiten eines aktiven Lebens zu verändern bedeutet, sich über die pessimistische Einstellung gegenüber dem letzten Lebensabschnitt hinwegzusetzen. Das Verständnis von Leben als kontinuierlichem Strom schließt zwar Hindernisse und Widerstände ein, aber die Entwicklung von eigenen Bedürfnissen und Stärken sowie von Courage und Bedeutung bereichern das Leben, sind sinnstiftend und führen einem so die Schönheit eines jeden Lebensalters vor Augen.
Hiermit geht auch die Erfahrung einher, dass man durch Klugheit und Mut seine psychischen wie physischen Kämpfe gewinnen kann. Im hohen Alter sollte man sich triumphierend zum Leben bekennen und sich bewusst machen, welche Talente und Fähigkeiten man besitzt und was man der nächsten Generation an Selbstachtung, Würde und Bewusstsein weiter zu geben hat. Das Alter ist ein Moment im Leben, in dem wir uns gegen Vorurteile wehren sollten und mit der Kühnheit derjenigen, die bereits ein Leben lang gekämpft haben, nach Handlungsfreiheit streben sollten.
In: Pawlik, Alice (Hg.): Grey is the new Pink. Momentaufnahmen des Alters. Ausstellungskatalog Weltkulturen Museum Frankfurt 2018
Literatur zum Thema (Auswahl)
Ataman, Ferda: Wir Gastarbeiterkinder, in: Ausstellungskatalog Ruhr Museum Essen: Wir sind von hier. Türkisch-Deutsches Leben 1990, Aufbau Verlag Berlin 2021.
Aydemir, Fatma: Arbeit, in: Aydemir, Fatma und Hengameh Yaghoobifara (Hg.): Eure Heimat ist unser Albtraum, Ullstein 2019
Ebinger, Alexander: Vorstellungen vom Alter. Konzeption eines Fragebogens zur explorativen Erforschung der Konzepte von gelingendem Altern bei türkischen Senioren im Rhein-Neckar-Kreis (Studienarbeit) Grin 2008
Gümüsay, Kübra: Sprache und Sein, Berlin 2020
Güngör, Dilek. Vater und ich. Roman. Berlin 2021
Hartwig, Sonja: Kazim, wie schaffen wir das? Kazim Erdogan und seine türkische Männergruppe – Vom Zusammenleben in Deutschland, München 2017
Hoffmann, Elke und Gordo Laura Romeu: Lebenssituation älterer Mensch mit Migrationshintergrund, in Datenreport 2016, Bundeszentrale für politische Bildung
Küpper, Moritz: Muslime und das Altern in Deutschland, in Deutschlandfunk, 28.03.2016 https://www.deutschlandfunk.de/integration-muslime-und-das-altern-in- deutschland.724.de.html?dram:article_id=349547
Lang, Thomas: Vorwärts und nicht vergessen – Das Alter neu denken, in Politik und Kultur, Zeitung des deutschen Kulturrates 2/2007
Pawlik, Alice (Hg.): Grey is the new Pink. Momentaufnahmen des Alters. Ausstellungskatalog Weltkulturen Museum Frankfurt 2018
Spohn, Margret: Türkische Männer in Deutschland. Familie und Identität. transcript 2002
Strumpen, Sarina: Ältere Pendelmigranten aus der Türkei. Alters- und Versorgungserwartungen im Kontext von Migration, Kultur und Religion, transcript 2018
Wettich, Jana: Migration und Alter. Kulturelle Altersbilder im Wandel. Saarbrücken 2007
Cumali Yagmur
Cumali Yagmur, 1961* in Malatya, Türkei. 1980 bis 1984 Studium der Politikwissenschaften und Soziologie (Diplom) in Frankfurt/Main. Bis 2011 interkultureller Pädagoge und Journalist. Ratsmitglied der Stadt Frankfurt (Die Grünen) 2009 – 2013. Seit 2015 wohnhaft in Hannover, tätig als Autor, Journalist und Web-Redakteur (fremdeninfo.de).
Thomas Lang
Thomas Lang, 1949*, Studium der Literaturwissenschaft, Theaterwissenschaft und Sozialwissenschaft (Magister) in Göttingen und Berlin.
2000 – 2013 Leiter des Programmbereichs Darstellende Kunst an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel; 1985 - 2000 Regisseur und Künstlerischer Leiter des theaterspielplatz am Staatstheater Braunschweig;