Man sagt, dass die Sprache auch eine Heimat ist. Die deutsche Sprache aber ist schwer zu lernen.

Meine erste Arbeitsstelle in Deutschland war in Hannover Elektro-Mayer, Bauweg. Heute ist da SB-Möbel. 1972 bis 1976 habe ich da gearbeitet. Bald ist das 50 Jahre her. Herr Mayer bot mir damals an, 1 Tag in der Woche in die Schule zu gehen. Die war in der Nieschlagstraße. Aber nach einem halben Jahr machte die Schule zu. Man fand einfach keine Lehrer. Das wars dann. Später die schwere Arbeit als Schweißer, dann kleine Kinder, ich habe es einfach nicht geschafft. Wer in einem fremden Land arbeiten will, sollte als erstes die Sprache lernen! Heute weiß man das besser.

Heinrich Mayer von Elektro Mayer war ein guter Chef. Mehrmals hat er uns zum Essen eingeladen, nicht nur zu Weihnachten. Er war in der CDU, was Wichtiges. Der Ministerpräsident Albrecht hat die Firma mehrfach besucht. Und mir einmal die Hand gegeben. Politisch verband uns aber schon damals nicht viel. Der Monatslohn bei Elekro Mayer war einfach zu wenig. Aber meine Arbeitserlaubnis war an diese Firma gebunden. Später bin ich dann doch zu Telefunken gegangen, Fernsehgeräte am Fließband montieren. Bei Telefunken arbeiteten damals 8000 Menschen!

Cevdet

Aber mein Traum war VW! Alle redeten immer von VW! Ab 1978 arbeitete ich dann dort, 30 Jahre! Meistens am Fließband, Innenverkleidungen in die Autos montieren, verschrauben und verkleben. Später habe ich dann Kabelstränge sortiert, montiert, verlegt und verbunden. Wir waren eine Gruppe, halfen einander und wechselten uns ab. Das war wie eine Familie. Wir trafen uns auch noch als Rentner. Letzten Weihnachten waren wir nur noch 5 .

Ich wäre auch gerne in der Gewerkschaft aktiver gewesen, aber auch hier die Sprachprobleme. Immerhin hatten wir einen engagierten türkischen Betriebsrat, Nimet Gökce.

Meine Söhne – beiden arbeiten auch bei VW, Firat als Messtechniker, Ümran als technischer Zeichner, - sprechen deutsch und türkisch, meine Enkel nur noch Deutsch und wenig türkisch, ich Türkisch und weniger deutsch. Der, der das hier aufgeschrieben hat, hat mir gesagt, dass er mich aber gut versteht. Geht also irgendwie. Nur als ich erzählte, dass ich früher mal Pandemie gemacht hatte, verstand er es nicht. Dann fragte er, ob ich Pantomime meinte. Hatte ich doch gesagt.

Ich glaube ich bin ein guter Opa. Meine Enkel Milas und Dalyan freuen sich auf mich und ich kann den jungen Familien gut helfen beim Aufpassen. Es ist eine Selbstverständlichkeit und manchmal auch Pflicht, aber eine schöne. Ich wäre gerne Lehrer geworden, aber nach der Grundschule auf dem Dorf war die nächste weiterführende Schule 40 km entfernt, die Eltern waren arm und da blieb nur die Feldarbeit und die Tabakernte.

Cevdet heiße ich nach einem berühmten General, denn mein Vater war Soldat. An meinen Vater erinnere ich mich gerne. Er konnte manchmal lospoltern, war aber mehr wie ein Freund für mich.

Ich wohne mit meiner Frau Zehra in Linden in einem Haus mit mehreren Wohnungen, ja, alles Eigentumswohnungen. Neben mir wohnen zwei Brüder von mir, weiter oben im 3. Stock zwei Schwestern, dazwischen meine alte Mutter. Alle kümmern sich um sie.

Meine Schwestern haben schon als Kind auf mich aufgepasst und wohnen jetzt also über mir.

Auf mein Leben im Alter habe ich mich gut vorbereitet. Heiraten, Kinder kriegen, ein Haus kaufen, zwei Lebensversicherungen für die Rente, sich im Urlaub immer gut ausruhen, nicht rauchen. Wichtig sind Hobbys. Als ich noch jünger war, war ich Fußballspieler beim TuS Ricklingen, später dann auch Trainer ein paar Jahre. Und ich bin Schalke-Fan! Der, der das hier aufgeschrieben hat, hat erstaunt gekuckt, als ich das erwähnte. Ich will die Geschichte erzählen.

Ich war mal an einem Sonntag am Bahnhof in Hannover, um mir eine türkische Zeitung zu kaufen. In dem Gedränge waren viele Schalke-Fans. Damals war Hannover noch in der ersten Liga. Ein paar junge Leute von denen hakten mich einfach unter, sagten, sie hätten eine Karte übrig und schleppten mich mit ins Stadion. Das war lustig. Heute noch kaufe ich mir manchmal eine Karte für Spiele in Gelsenkirchen und fahre ins Stadion dort, in die Veltins Arena. Mit Schal! Bestimmt ein paar Mal im Jahr!