Mein Name ist Cumali, Cuma wie Freitag und Ali, wie der erstgeborene Enkelsohn Mohammeds. Das ist ein Doppelname, so wie Karl Heinz oder Jens Uwe. Meine Mitschüler nannten mich Cokbilen, was so viel heißt wie Streber.

Heute bin ich 61 Jahre alt und lebe seit 40 Jahren in Deutschland. Zurück in die Türkei? Unmöglich. Wieso unmöglich? Hier in Deutschland habe ich Soziologie studiert und mein Studium mit dem Diplom abgeschlossen (türkisch und dann übersetzt) „Die Geschichte der Kurden bis zur Gründung der türkischen Republik“.

cumali

Ich engagiere mich politisch und bin als Journalist berufstätig. Ich ärgere mich über die jungen Türken der dritten Generation. Sie denken so nationalistisch und halten das für modern. Sie denken nicht nach. Ich bewundere Fathi Akin, weil er den Mut hatte, den Völkermord an den Armeniern in einem seiner Filme anzuprangern.

Ja, ich habe auch einen deutschen Pass. Ob ich Türke, Kurde oder Deutscher bin? Weiß nicht. Alles. Egal. Ja, ich bemühe mich um Anpassung. Türkisch spreche ich mit meiner Tochter Mira und im Traum und mit Landsleuten.

Ich spreche Deutsch, denke deutsch und höre gerne türkische Lieder, die sind so traurig, so zum Beispiel wie die von Zülfi Livaneli. Ich höre aber auch gerne Helene Fischer. Und gehe in Museen, zuletzt in das Sissi-Museum in Wien, Wussten Sie, dass Sissi von einem italienischen Anarchisten ermordet wurde, zufällig? Ich weiß nicht was das ist, integriert. Ich bringe immer den Müll runter und schaue am liebsten Talkshows, zum Beispiel Maischberger. Sie hat so eine schöne Stimme. Früher habe ich gerne die Filme mit Bud Spencer gesehen: zwong, baff, wrop, duff duff duff. Und den Tatort mit Schimanski.

Ich spiele Monopoly und hatte mal eine Katze. Ich kann gut Volleyball spielen, schwimmen und Börek machen. Geboren bin ich in Malaytia und ich bin natürlich nicht der erste aus dieser Stadt, der aus der Türkei nach Hannover gekommen ist. Auf dem Friedhofspark neben dem Conti-Hochhaus findet man einen Grabstein, auf dem steht:

 Informationstafel in Hannover

Ich wohne nahe der Türkstraße in der Nordstadt. Ich bin Opa geworden. Mein Enkel heißt Bowie nach David Bowie. Ich denke zurzeit nicht daran, wie es ist, alt zu werden.