Mein Großvater Yussuf war sehr religiös.

Er stand sogar nachts auf, um zu beten. Ich erinnere mich  nur  noch, dass er sehr streng war,  ja autoritär. Aber er war sehr sozial, kümmerte sich um alle und alles, hatte 12 Kinder.  Mein Vater Idris dagegen war wie ein Freund für mich. Er ist heute alt und lebt in der Türkei .  Meine Schwester Hava Gül wird sich um ihn und um meine alte Mutter sorgen.

Ich werde hier versorgt vom Asylbewerberleistungsgesetz. Tagsüber besuche ich Deutschkurse. Und spiele Schach mit Freunden. Ich bin ein bisschen gut im Schach. Mein Sohn Melik studiert in Braunschweig Wirtschaftsinformatik, meine Tochter Mehlika geht noch zum Gymnasium. Ich koche für meine Familie, gerne Maklube.

Harun ist mein Name, wie der Bruder des Moses.

Seit 2016 lebe ich in Deutschland. Ich muss in Deutschland leben. Als Wirtschaftsjournalist einer großen türkischen Tageszeitung in Istanbul konnte ich nach dem Putsch meinen Beruf nicht mehr ausüben, auch nicht meine Frau Fatma ihren als Pädagogin. Aber ich konnte die Türkei mit meiner Familie verlassen. Viele Tausend meiner Kollegen und Freunde wurden verhaftet – und Schlimmeres.

Ein türkischer Häftling fragt nach einem bestimmten Buch. Das haben wir nicht in der Bibliothek, erwidert der Gefängniswärter. Aber den Autor haben wir hier.

Die Türkei hat mich sehr verletzt. Ich war, ich bin wütend und enttäuscht. So kannte ich mich gar nicht, meiner Heimat so fremd.

Wer gegen die Menschlichkeit ist, hat niemals recht.