Mein langes Leben bis heute ist kurz erzählt. Nach der Schule habe ich in Istanbul Fahrkarten kontrolliert im Stadtbus. Dann 2 Jahre Soldat, den ganzen Tag marschieren, LKW fahren, und sich langweilen. Zum Glück kannte mein Vater einen General. So kam ich nach Istanbul und konnte am Abend zu Hause sein. 1972 bin ich nach über Österreich nach Deutschland gekommen. Es gab eine gründliche medizinische Untersuchung, so richtig, so mit Zähne zählen und Finger in den Arsch, einmal in der Türkei noch, gleich noch einmal in Deutschland.

Dann war ich LKW-Fahrer – ich habe alles transportiert, Steine, Öl, Möbel, eben alles. Dann war ich Gießereiarbeiter, Schichtführer, Elektrotechniker, Busfahrer, und Punktschweißer. Ich habe immer eine Stunde mehr gearbeitet und immer weniger Pause gemacht und jede Überstunde genommen. Deutsch lernen? Wieso? Ich wollte arbeiten und Geld verdienen! Es ist schwer, wenn man die Sprache nicht gut spricht. Ein Arzt hat mir mal was erklärt. Ich habe es nicht verstanden, mich aber nicht getraut, das zu sagen. Immerhin lebe ich noch.

Ich kann: LKW fahren, Autors reparieren – ich liebe Opel –  und Bohnen kochen.  Acht Stunden habe ich mal im Gefängnis gesessen. Als LKW-Fahrer wurde ich angehalten: der Verkehrspolizist: „Sie sind zu schnell gefahren“! Ich: „Sehen Sie doch auf meinen Fahrtenschreiber, ich bin nicht zu schnell gefahren“: Der Verkehrspolizist „Sie haben schwarze Haare“! Und hat dann meinen Führerschein zerrissen, auch den Internationalen. Mein Chef von der Firma Wanko hat mich dann da rausgeholt.

Mein größter Verdienst ist, dass meine Kinder studiert haben. Ich habe alles erreicht, ich habe alles richtig gemacht. Später mal bekommt jedes meiner drei Kinder eine Wohnung. Darauf bin ich stolz. Emre ist bei Telecom in der Personalabteilung, Gülcan – das bin ich - unterrichtet als Ärztin an der Medizinischen Hochschule und hält Vorträge über die alevitische Religion. Und Handan studiert noch in Frankfurt. Was genau, habe ich nie verstanden. Der, der das hier aufgeschrieben hat, hat mir gesagt, Philosophie. Kann man damit Geld verdienen?

Ich habe nie daran gedacht, in die Türkei zurück zu gehen. Kein einziges Mal. Mir geht es gut hier, trotz Herzproblemen und Alltagsärger. Man passt auf sein Haus auf und auf seinen Garten und kümmert sich um die Enkel.

Früher als junger Mensch wäre ich gerne Arzt geworden, oder Anwalt, sich um Leute kümmern.

Falls ich eines Tages gepflegt werden müsste, könnte ich nicht zu meinen Kindern, Aber das erwarte ich auch gar nicht von ihnen. Sie werden ihre eigenen Probleme haben. Früher war das vielleicht noch üblich in der Türkei, dass die Großeltern noch in der Familie aufgenommen wurden und dort gepflegt wurden. Aber heute heiraten die Leute und gründen ihren eigenen Haushalt

Wenn ich mal sterbe, soll meine Asche in den Wind gestreut werden. Aber das darf man als Alevit nicht, deswegen denke ich eher an den Friedhof Altenbekener Damm. Den finde ich gut.