ESKI USTALAR – Alte Meister
„Gastarbeiter“ erzählen vom Alltag im Alter
Wie lebt es sich so im Alter? Und wie geht es eigentlich den „Gastarbeitern“ aus der Türkei, die in den 60er Jahren als Arbeitskräfte angeworben wurden, ein Leben lang gearbeitet haben, geblieben sind und sich jetzt im Ruhestand befinden? In der Großfamilie, im Altersheim, allein? Wie sieht es mit der Rente aus? Wie können, wollen, werden sie leben, in Würde und in dieser Gesellschaft?
Diese hier veröffentlichte Textsammlung ESKI USTALAR - ALTE MEISTER will das Denken und Empfinden älterer und alter türkeistämmiger Männer erfahrbar machen, diese „vergessene“ Generation, auf deren Arbeitskraft der Reichtum dieses Landes auch gebaut ist. Angesprochen wurden „Gastarbeiter“ der 1. Generation, die in den 60 Jahren in Deutschland durch ein Anwerbeabkommen mit der Türkei einreisten und geblieben sind.
Männer in diesem Fall, die Schweigsamen, wirken so mit ihrem langjährigen Erfahrungswissen als „Experten“ für Integrationsanstrengungen und -grenzen. Ihre Ansichten und Einsichten betonen die Gemeinsamkeiten des Lebens im Alter.
Ihre Aussagen bilden so etwas wie eine friedliche Normalität ab, jenseits aller Parallelgesellschaft-Vorwürfen und den Integrationsutopien einer Mehrheitsgesellschaft.
Diese Interviews mit Fragen zu Erwerbsgeschichte und Vorstellungen vom Leben im Alter und deren Wirklichkeit wurden zwischen 2019 und 2021, immer wieder durch Corona unterbrochen, an unterschiedlichen Orten, geführt, niedergeschrieben und zusammengefasst und hier veröffentlicht. Bei der literarischen Bearbeitung der Interviews für die späteren Lesungen wurde auf die gebotene Kürze geachtet, vor allem aber auf den Duktus des Alltäglichen und Normalen, nicht so sehr auf eine dokumentarisch-journalistische Vollständigkeit. Gesucht wurde eher das Alltägliche, das scheinbar Unbedeutende.
Die Idee für das Projekt und die Vorüberlegungen dazu entstanden aus Kontakten und Gesprächen mit Mitarbeitern von KARGAH, vom Institut für transkulturelle Betreuung und von weiteren persönlichen Kontakten, unter anderem zur Hochschule Hannover, Studiengang Soziale Arbeit. Geholfen bei den Kontakten haben vor allem die Alevitische Gemeinde Hannover, die auch den Gesprächs- und Probenraum zur Verfügung stellten, aber auch der deutsch-türkische Kulturverein Can Arcadas, der Verein Günes im Kulturzentrum FAUST, das Seniorenzentrum der Stadt Hannover und zahlreiche Einzelpersonen.
Ergänzt und erweitert werden diese Interviews durch Interviews mit einer Altenpflegerin, einer Enkelin, einem Senior, der in den 70er Jahren als Student nach Deutschland kam und mit einem weiteren politischen Geflüchteten.
Die Interviews wurden durchgeführt von Cumali Yagmur, dem Leiter des Projekts und vom Thomas Lang, dem Autor und Regisseur, entweder auf Türkisch mit Cumali Yagmur als Übersetzer oder in deutscher Sprache. Und trotzdem waren die Kenntnisse der Sprache des anderen immer wieder eine Hürde. Man muss wissen, dass für viele dieser Generation der Schulbesuch in den 50er und 60er Jahren nach fünf Jahren Grundschule beendet war. Lesen und Schreiben erlernten andere erst beim Militär, Ali Okulu genannt, die „Ali-Schule“. Zudem wurde ein Punkt des Anwerbeabkommens nicht oder nur im geringen Umfang seitens der Betriebe der Arbeitgeber erfüllt, nämlich Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache und Angebote für einen kulturellen Austauschs. Also blieb man unter sich.
Präsentiert werden diese Interviews auf dieser dafür eingerichteten Seite sowie dann im nächsten Schritt als eine Art szenischer Lesung mit Bildprojektionen und fragmentarischen Dialoganteilen, auch mit Einspielungen von Interviews mit Fachleuten (Altenpflegerin, Enkelin…) sowie weiteren kommentierenden poetischen Textanteilen.
Vorstellbar ist es, das Format so offen zu gestalten, dass auch immer andere oder sogar mehrere „Darsteller ihrer selbst“ im weiteren Verlauf mitwirken.
Gefördert wurde das Projekt, vor allem die szenischen Proben und Aufführungen, von der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Niedersachsen, der Stiftung Niedersachsen und der Stadt Hannover.
Dank an die Unterstützer dieses Projekt, das Bürgerfernsehen H1 und an die Alevitische Gemeinde Hannover.
Ein Projekt des Kulturzentrum FAUST Hannover.
gefördert durch